Ein Logbuch ist ein archaisches, obligatorisches Instrument. Legendär ist das Bordbuch des Christoph Kolumbus von 1492, das er auf seiner ersten Amerikafahrt geführt hat. Was aber hat ein uraltes Arbeitsmittel aus der Seefahrt mit moderner Führung im 21. Jahrhundert zu tun? Die Analogie liegt nahe – alle wichtigen Ereignisse auf See werden festgehalten: U.a. Ziel, Kurs, Streckenverlauf, Crew-Mitglieder, Hafeneinfahrten und -ausfahrten, Wetterlagen, Unfälle und alle ungeplanten Veränderungen.
Mit diesen Hintergedanken erschließt sich schnell, dass ein Leadership-Logbuch nichts anderes ist, als das systematische Monitoring der eigenen Führungsarbeit. Kontinuierlich und aufmerksam verfolgen wir unser Tun und Handeln und prüfen, ob wir noch auf Kurs sind. Wir „protokollieren“ sozusagen unseren Streckenverlauf und haben so unseren eigenen Führungsprozess präzise und bewusst vor Augen. In diesem Sinne betreiben wir dynamische Navigation – für uns selbst, für unser Team und für die gemeinsame Aufgabe.
Medium
Das Logbuch kann natürlich analog oder digital sein – je nach Vorliebe. Diese „Vorliebe“ ist zentral – nur das, was man gerne macht und gerne in der Hand hat, nutzt man dann auch wirklich. Deswegen sollen sich analoge Haptiker unter uns ein richtig feines, hochwertiges Notizbuch gönnen. Die digital Geprägten tippen oder malen ihre Beobachtungen und Fragen in ihr Tablet. Egal mit welchem Medium – Hauptsache wir kommen ins Handeln.
Handhabung
Wie nutzen wir nun das Logbuch als alltagstaugliches Instrument? Zwei sich gegenseitig ergänzende Modi bieten sich an.
- Jourfix: Wir organisieren uns einen Regeltermin für unsere Logbuch-Reflexion – beispielsweise wöchentlich im Rahmen Personal Weekly – LINK. Hier geht es darum, sich das Logbuch als eine Art Tagebuch vorzunehmen, um so zu reflektieren, was gerade los ist, was wichtig oder unwichtig ist, was Fokus oder Breite braucht – z.B.: Wie bin ich und mein Team unterwegs, sind wir auf Kurs, passt die Dynamik oder wie gehen wir mit heiklen Situationen um?
- Situativ: Wann immer wir vor wichtigen Gesprächen, Entscheidungen oder Situationen stehen, nehmen wir uns das Logbuch vor und notieren unsere Fragen, Konflikte, Dilemmatas. Dann sammeln wir unsere Ideen und Optionen – so bereiten wir uns fundiert und gezielt vor. Vergleichbares gilt für die Nachbereitung von bedeutsamen Situationen, Meetings und Gesprächen. Wir bleiben einfach noch für einen Moment sitzen und notieren beispielsweise, was gerade gut gelaufen, und was verbesserungswürdig ist. Und das halten wir natürlich nach.
Wirkung
Nutzen wir das Logbuch auf diese Art und Weise, werden wir stärker, sensitiver und souveräner – sowohl als Persönlichkeit als auch in der Führungsrolle. Das funktioniert paradoxerweise deshalb, weil wir uns bewusst und systematisch verunsichern. Wir stellen uns kontinuierlich selbst in Frage, weil wir uns gezielt be- und hinterfragen. Und wer gute Fragen stellt, erhöht die Wahrscheinlichkeit guter Antworten. In unserer Toolbox finden Sie eine PDF zum download als Unterstützung hierfür.
So lernen wir, uns selbst zu beobachten. Wir sehen mehr von uns selbst. Wir verstehen besser wie wir funktionieren. Bewusste Beobachtung und Wahrnehmung verändern immer Einschätzungen und Situationen – gerade, weil wir unsere unzähligen automatisierten Muster und vertraute Sichtweisen ausbremsen. Und dadurch ihre einschränkende Filter-Wirkung relativieren.
Das Logbuch ist vergleichbar mit einer klugen Alltags-Begleitung oder einem persönlichen Coach. Das so arrangierte Zwiegespräch mit sich selbst, wird zur professionellen Reflexion und Eigen-Beratung. Wir werden zu Führungs-Profis, die verstehen, was sie tun und wozu.
Insofern ist „Kurs halten“ weniger ein Geheimnis oder eine Gabe, sondern vor allem bewährtes Handwerk. Erfolgreiche Navigation gelingt uns immer dann, wenn wir – analog zur Seefahrt – kontinuierlich und aufmerksam die Standort-Daten mit unseren Zielgrößen abgleichen.
Und so hilft ein altmodisches Werkzeug, uns selbst und andere gekonnt ins Ziel zu begleiten.